Die Reitkunst hat eine jahrhundertealte Tradition. Was wir über sie wissen, wissen wir teils durch mündliche Überlieferungen, die in elitären und/oder militärischen Kreisen weitergegeben wurden. Erst seit dem Buchdruck konnte das Wissen der Alten Meister vermehrt auch durch schriftliche Werke verbreitet werden. Doch diese sind mit Vorsicht zu genießen! Beide – der Autor sowie der Illustrator – genossen künstlerische Freiheit, so dass Darstellungen aus heutiger Sicht keinesfalls 1:1 übernommen werden dürfen. Der Zeitgeist hatte großen Einfluss auf die Künstler und vieles unterliegt der persönlichen Interpretation. Und so sei darauf hingewiesen, dass Werke aus der Vergangenheit immer im Kontext der Zeit gelesen werden müssen, aus der sie stammen! In einigen Regionen war es sogar verpöhnt, das Wissen schriftlich niederzulegen, so wie etwa in Österreich, das wahrscheinlich die größte Reitkunsttradition vorzuweisen hat.
Durch einige wenige Persönlichkeiten, die sich voll und ganz der Erforschung der Reitkunst verschrieben haben, ist es uns möglich, annähernd zu den Wurzeln der Kunst zurückzukehren. Viel Wissen ist im Laufe der Zeit verlorengegangen, so dass teils experimentell gearbeitet werden muss, um überhaupt die richtigen Fragen stellen zu können. Hier sei z. B. verwiesen auf die Fürstliche Hofreitschule in Bückeburg und Bent Branderup oder Stefanie Niggemeier, durch deren wertvolle Forschungsarbeit Wissen „aus den Tiefen der Vergangenheit ausgehoben“ wird, auf das wir uns heute beziehen bzw. rückbesinnen können. Zurecht wird hier von lebendiger Archeologie gesprochen, denn nur durch das Erforschen gemeinsam mit dem Partner Pferd sind reelle Erkenntnisse möglich.